Entschädigung bei Zugverspätung: Diese Erstattung steht Fahrgästen zu

Bei der Deutschen Bahn ist statistisch gesehen jeder vierte ICE verspätet. Das resultiert für Reisende in Stress und verursacht Mehrkosten.

  • Was muss die Bahn bei einer Zugverspätung erstatten?
  • Wie machen Fahrgäste ihre Ansprüche geltend?
  • Was passiert, wenn die Zugverspätung so groß ist, dass ein Reiseziel nicht mehr erreicht werden kann?

Dieser Ratgeber erklärt, welche Rechte Kunden bei einer Zugverspätung haben.

Kosten und Erstattung bei Zugverspätung

Welche Voraussetzungen gelten für die Entschädigung?

Reisende müssen nicht ersatzlos hinnehmen, wenn ihr Zug stark verspätet ist oder ausfällt. Je nach Art und Grad der Verspätung haben Fahrgäste die Möglichkeit, sich den vollen oder anteiligen Ticketpreis erstatten zu lassen. Das gilt nicht für alle Eisenbahnunternehmen in der Europäischen Union (EU). Dies regelt die EU-Verordnung EG 1371/2007. Das heißt, wer mit dem ICE von Frankfurt extrem verspätet in Paris ankommt, kann die Ticketkosten zurückverlangen wie ein Fahrgast, der innerhalb Deutschlands unterwegs war.

Reisende müssen nicht ersatzlos hinnehmen, wenn ihr Zug stark verspätet ist oder ausfällt.
Reisende müssen nicht ersatzlos hinnehmen, wenn ihr Zug stark verspätet ist oder ausfällt.

Wie berechnet die Bahn eine Zugverspätung?
Eine Zugverspätung richtet sich nicht nach der später erfolgten Abfahrtszeit. Maßgeblich für die Bahn ist die Ankunft am Zielort. Das bedeutet, wenn die Reise mit einer Verspätung von siebzig Minuten angetreten wurde und der Zug unterwegs einiges davon aufgeholt hat, zählt nur, mit wie viel Verspätung er am Zielort eingetroffen ist.

Ab wann können Ansprüche bei einer Zugverspätung geltend gemacht werden?
Als Richtwert gelten im Fernverkehr Verspätungen ab sechzig Minuten. Bei dem ICE Sprinter werden Verspätungen ab dreißig Minuten gewichtet.

Die Ankündigung der Verspätung
Gerade bei Zügen, die lange Strecken zurücklegen, ist eine Verspätung oft vor Reiseantritt absehbar. Falls eine Ankunft am Zielort mit mehr als einer Stunde Verspätung wahrscheinlich ist, haben Fahrgäste die Möglichkeit, auf die Bahnreise zu verzichten und sich den vollen Ticketpreis erstatten zu lassen. Alternativ können sie einen späteren Zug nehmen oder sich für eine abweichende Streckenführung entscheiden. Stehen keine anderen Zugverbindungen zur Verfügung, muss die Bahn die Kosten für eine Unterkunft übernehmen.

Das Recht auf Verpflegung
Beträgt die Zugverspätung mehr als eine Stunde, haben Reisende das Recht auf Erfrischungsgetränke, Snacks oder eine Mahlzeit. Der Umfang der Verpflegung hängt davon ab, wie lange die Fahrgäste warten müssen. Warme und kalte Getränke sollten unaufgefordert nach einer Stunde Wartezeit angeboten werden. Falls nicht, können Reisende gezielt nachfragen.

Höhere Gewalt
Die Bahn muss für eine Verspätung die Kosten zurückerstatten, wenn die Gründe hierfür außerhalb ihres Verantwortungsbereiches liegen.

Teilstrecken
Wird eine Reise auf mehrere Züge aufgeteilt, kann eine Entschädigung für den Teilabschnitt verlangt werden, der von einer Zugverspätung betroffen war. Möchte ein Fahrgast den kompletten Ticketpreis zurückerhalten, muss er am Ausgangsbahnhof Ansprüche geltend machen.

Sitzplatzreservierung
Hat die Bahn nicht genügend oder fehlerhaft Waggons bereit gestellt oder wurden Anschlussverbindungen aufgrund einer Zugverspätung nicht erreicht, werden die Kosten für die Sitzplatzreservierung erstattet. In der ersten Klasse muss die Bahn dann sogar Entschädigungen zahlen.

Wie hoch fällt die Erstattung in den einzelnen Fällen aus?

Wieviel Geld einem Kundeen bei einer Zugverspätung erstattet wird, hängt von mehreren Faktoren ab. Entscheidend ist die Verspätung von sechzig Minuten. Das heißt, der Zug muss eine Stunde oder später als erwartet am Zielbahnhof eintreffen, um Ansprüche geltend zu machen.

Die Bahn zahlt bei Zugverspätung

  • ab 60 Minuten: 25 Prozent des Fahrpreises, den der Kunde bezahlt hat
  • ab 120 Minuten: 50 Prozent des vom Kunden bezahlten Fahrpreises
  • ab 30 Minuten: im ICE Sprinter

Berechnet wird nur die Strecke, auf der die Zugverbindung tatsächlich stattgefunden hat. Wer Hin- und Rückfahrt gekauft hat und eine Verspätung von 130 Minuten auf dem Rückweg hatte, erhält 50 Prozent der Kosten für die Rückfahrt zurück.

Bei Sondertickets, der Bahn Card 100 oder Zeitkarten im Fernverkehr zahlt die Bahn Pauschalen. Diese betragen bei Zugverspätungen in der ersten und der zweiten Klasse:

  • Sondertickets wie Ländertickets: 1,50 Euro (2. Klasse), 2,25 Euro (1. Klasse)
  • Zeitkarten im Fernverkehr: 5 Euro (2. Klasse), 7,50 Euro (1. Klasse)
  • Bahncard 100: 10 Euro (2. Klasse), 15. Euro (1. Klasse)

Die Bahn zahlt aus verwaltungstechnischen Gründen erst Summen ab vier Euro aus. Inhaber von Sondertickets sind daher gezwungen, ihre Verspätungen zu sammeln, bis dieser Mindestbetrag erreicht ist.

In welchen Fällen kann keine Erstattung geltend gemacht werden?

Viele Jahre lang konnte die Bahn Ticketerstattungen umgehen, da Unwetter, Schnee, Flut, Schäden an den Gleisanlagen oder Streiks unter die Rubrik höhere Gewalt fielen. Fahrgäste mussten in diesen Fällen auf eine Kulanz des Unternehmens hoffen. Diese Praxis hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) rechtskräftig unterbunden. Mit einem Urteil vom September 2013 verpflichtete der EuGH alle europäischen Bahnunternehmen, auch bei höherer Gewalt Ausgleichszahlungen vorzunehmen. Bahnfahrer sind durch diese Entscheidung gegenüber Fluggästen im Vorteil. Diese werden frühestens ab einer Verspätung von drei Stunden entschädigt, Streiks und Unwetter sind davon ausgenommen. Für die Annullierung von Flügen gelten besondere Bestimmungen hinsichtlich der Entschädigung. Die Bahn muss im Gegensatz zu den Airlines auch dann eine Rückerstattung zahlen, wenn sie den Grund der Zugverspätung nicht zu verantworten hat. Anders sieht das mit Folgeschäden aus, die einem Reisenden durch eine Zugverspätung entstehen. Die Bahn kann nicht dafür in die Verantwortung genommen werden, wenn ein wichtiger Geschäftstermin platzt oder ein Anschlussflugzeug nicht erreicht wird. Eine Ausnahme gilt nur für Rail & Fly-Angebote.

Welche Rechte genießen Kunden hinsichtlich von Wochen- und Monatskarten?

Besitzer von Zeit-, Wochen- oder Monatskarten müssen ihre Verspätungen inklusive Zugnummer sammeln und einreichen, wenn das Gültigkeitsdatum des Tickets abläuft. Kunden, die eine Jahreskarte besitzen, können ihre Ansprüche ab drei Verspätungen geltend machen. Bei Zeitkarten werden prinzipiell maximal 25 Prozent des Fahrkartenwerts der jeweiligen Strecke ersetzt.

Welche weiteren anfallenden Kosten können geltend gemacht werden?

Wird die letzte Zugverbindung am Tag ersatzlos gestrichen oder kommt der verspätete Zug zwischen Mitternacht und fünf Uhr morgens am Zielort an, können Fahrgäste mit dem Taxi zu ihrer Enddestination reisen, wenn die Kosten nicht mehr als 80 Euro betragen. Die Taxiquittung ist beim Unternehmen einzureichen, wenn im Zug oder am Service Point kein Mitarbeiter angetroffen wurde, der einen Taxischein ausgestellt hat. Hat ein Fahrgast keine Chance, seinen Zielort zu erreichen, muss die Bahn die Hotelübernachtung übernehmen. Der Preis hierfür ist nicht gedeckelt, doch sollten Reisende sich eine entsprechende Bescheinigung von einem Mitarbeiter geben lassen.

Welche Alternativen gibt es zur monetären Erstattung?

Wenn die Bahn die Zugverspätung ankündigt und diese mindestens zwanzig Minuten beträgt, können Reisende einen anderen Zug nutzen. Dadurch wird die Zugbindung aufgehoben. Das heißt, wer nur ein Ticket für den Intercity gelöst hat, kann trotzdem mit dem ICE fahren. Davon ausgenommen sind Züge, für die eine generelle Reservierungspflicht besteht, wie zum Beispiel Nachtzüge, sowie der ICE Sprinter. Kunden, die ein Ticket für den Nahverkehr gelöst haben, können nicht auf einen Fernreisezug umdisponieren. Zunächst muss eine entsprechende Fahrkarte für den IC oder ICE erworben werden. Die Kosten kann der Reisende sich später von der Bahn erstatten lassen. Diese Regelung greift nicht bei Sondertickets oder stark ermäßigten Fahrkarten wie den Ländertickets in einzelnen Regionen oder dem Wochenend-Ticket. Erfolgt die Zugverspätung in der Nacht zwischen 0 und 5 Uhr und ist die letztmögliche Zugverbindung ausgefallen, haben Reisende einen Anspruch darauf, mit dem Taxi zu reisen. Wer beruflich reist, kann die Reisekosten außerdem steuerlich geltend machen.

Die Bahn kann nicht dafür in die Verantwortung genommen werden, wenn ein wichtiger Geschäftstermin platzt oder ein Anschlussflugzeug nicht erreicht wird.
Die Bahn kann nicht dafür in die Verantwortung genommen werden, wenn ein wichtiger Geschäftstermin platzt oder ein Anschlussflugzeug nicht erreicht wird.

Die Entschädigung geltend machen

Das Vorgehen in einzelnen Schritten

So müssen Bahnreisende vorgehen, um ihre Ansprüche geltend zu machen:

  • Nach einer Zugverspätung von 60 Minuten, beziehungsweise 30 Minuten im ICE-Sprinter, verlangen Reisende sich das Fahrgastrechtformular und lassen sich die Zugverspätung bestätigen
  • Sind die Formulare im Zug ausgegangen oder findet die Verzögerung nicht im Zug selbst, sondern aufgrund einer Umsteigeverbindung statt, können Reisende am Service Point in der Ankunftshalle das Fahrgastrechteformular verlangen. Hier kann die Verspätung bestätigt werden, und zwar bis zu fünf Tagen danach. Voraussetzung ist, dass die Zugdaten vorliegen
  • Das Fahrgastrechteformular ist an den Verkaufsschaltern erhältlich, hier stellt man Reisenden jedoch keine Bescheinigung über die Zugverspätung aus
  • Daneben steht das Fahrgastrechteformular auch online zum Download bereit: www.fahrgastrechte.info
  • Reisende können mit dem ausgefüllten Fahrgastrechteformular, der Bescheinigung über die Zugverspätung und ihrem Originalticket direkt ihr Geld an den Fahrkartenschaltern verlangen

Falls Reisende es versäumt haben, sich eine Verspätungsbescheinigung ausstellen zu lassen, können Ansprüche schriftlich beim Servicecenter Fahrgastrechte, 60647 Frankfurt/Main, eingereicht werden. Die Auszahlung kann per Überweisung oder Gutschein erfolgen. Reisende, die mit einem Handy-Ticket gefahren sind, haben dieselben Rechte, um eine Zugverspätung geltend zu machen. Das Fahrgastrechteformular wird in diesem Fall mit der Buchungsbestätigung, die der Reisende vorab per E-Mail erhalten hat, eingereicht. Es sollte ein Vermerk erfolgen, dass es sich um ein Handy-Ticket handelt.

Service-Tipp
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Fristen, um eine Entschädigung geltend zu machen

Ansprüche, die aus einer Zugverspätung resultieren, können bis zu einem Jahr nach Ablauf der Gültigkeit des Tickets geltend gemacht werden. Kommt es zwischen Reisenden und der Bahn zu keiner Einigung, kann die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e. V. vermittelnd eingreifen. Wer kein Ticket besitzt, online gebucht hat oder mit dem Handy-Ticket unterwegs war, hat bis zu sechs Monate Zeit, beim Onlineservice der Bahn eine Kopie des Onlinetickets anzufordern, um Ansprüche aufgrund einer Zugverspätung geltend zu machen. Die Bahn hat 28 Tage Zeit, den Anspruch eines Reisenden zu bearbeiten.

Finanzierungsmöglichkeiten

Für die Bahn sind Verspätungen ab sechzig Minuten relevant, doch trifft das oft nicht die Lebenswirklichkeit der Reisenden. Geht es von einem Geschäftstermin zum nächsten und muss mit dem Zug ein Flug erreicht werden, zählt oftmals jede Minute. Auch wenn es zur Erstattung seitens der Bahn kommt, brauchen Fahrgäste Geduld – und unter Umständen eine gut gefüllte Brieftasche, denn Taxi, Hotel, Essen und neue Tickets wollen vorfinanziert werden. Ein Blitzkredit kann helfen, einen kurzfristigen finanziellen Engpass, der durch eine Zugverspätung entsteht, sofort zu überbrücken. Das ist vor allem unterwegs ideal, denn es dauert nur wenige Minuten, bis die gewünschte Summe zwischen 100 und 3000 Euro auf dem Konto des Antragstellers eingeht. Die Rückzahlungsmöglichkeiten gestalten sich flexibel. Kunden können den Betrag auf einmal binnen eines Monats ausgleichen oder sich für eine Ratenoption mit einer Laufzeit von bis zu sechs Monaten entscheiden.

Besonderheiten

Schützt eine Versicherung bei Bahnverspätung?

Die Deutsche Bahn AG bietet eine Bahnreiseversicherung sowie eine Versicherung für Inhaber der Bahn Card 50 und 25 an. Kommt es zu einer Zugverspätung, deckt diese Versicherung die Übernachtungskosten bis 250 Euro ab. Sie kann direkt bei der Bahn für den Gültigkeitszeitraum der jeweiligen Bahn Card abgeschlossen werden und enthält weitere Optionen wie Reisegepäckversicherung, Reiserücktrittsversicherung und Reiseabbruchversicherung, die auch für Stornogebühren aufkommen. Die letzteren beiden Versicherungen können für Reisende auch von anderen Anbietern interessant sein, die mit dem Zug zum Flughafen unterwegs sind und von dort eine größere Reise mit Linienflugtickets oder eine Pauschalreise antreten.

Die Reiserücktrittsversicherung zahlt Mehrkosten, die auf der Hinreise entstehen, sofern der Versicherungsnehmer daran keine Schuld trägt. Die Reiseabbruchversicherung zahlt, wenn die Rückreise aufgrund der Verspätung eines öffentlichen Transportmittels nicht zeitgerecht erfolgen kann. Reiserücktritts- und Reiseabbruchversicherungen werden meistens kombiniert angeboten, die meisten haben einen Selbstbehalt in der Police. Es muss für jeden Reiseteilnehmer eine separate Versicherung abgeschlossen werden, was die Kosten erhöht. Viele Anbieter haben Fristen, binnen derer die jeweilige Versicherung vor Reiseantritt abgeschlossen werden muss.

Welche Regeln gelten bei der Verspätung von Thalys-Zügen?

International Reisende, die Thalys-Züge nutzen, können ab einer Verspätung von einer Stunde wählen, ob sie als Entschädigung eine Überweisung oder einen Gutschein wünschen. Der Gutschein hat für Vielreisende einen interessanten Vorteil. Der Wert beträgt das Doppelte der Auszahlung. Die Gültigkeitsdauer beträgt ein Jahr. Wer binnen dieser Zeitspanne den Thalys wieder nutzt, kann von der Verspätung profitieren. Entschädigungen werden bei Thalys ab einem Wert von vier Euro gezahlt. In Fällen höherer Gewalt gehen Reisende leer aus.

Thalys handhabt die Entschädigung bei Zugverspätung wie folgt:

  • Verspätung zwischen 30 und 59 Minuten: Gutschein in Höhe von 20 Prozent des Fahrpreises, keine Auszahlung per Überweisung
  • Verspätung zwischen 60 und 119 Minuten: Gutschein in Höhe von 50 Prozent des Fahrpreises, alternativ Auszahlung per Überweisung in Höhe von 25 Prozent des Fahrpreises
  • Verspätung ab 120 Minuten: Gutschein in Höhe von 100 Prozent des Fahrpreises, alternativ Auszahlung per Überweisung in Höhe von 50 Prozent des Fahrpreises

Durch die Verspätung hat der Kunde seinen Anschluss verpasst. Welche finanziellen Konsequenzen ergeben sich?

Manchmal ist die Zugverspätung so groß, dass Reisende nicht rechtzeitig zum Flughafen kommen und ihren Flieger verpassen. Die Bahn kann in diesem Fall nicht für Umbuchungsgebühren oder zusätzliche Hotelkosten haftbar gemacht werden. Auch von der Airline oder dem Reiseveranstalter können Reisende keine finanzielle Unterstützung erwarten. Das sieht anders aus, wenn die Bahnfahrt zum Flughafen als Teil eines Rail & Fly Tickets, wie es oft bei Pauschalreisen üblich ist, erfolgt und es zu einer Zugverspätung kommt. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. Der Anbieter muss entsprechend § 651 c BGB für die Mehrkosten im Wege der Abhilfe aufkommen (Urteil vom 28. Oktober 2010, Az. Xa ZR 46/10).